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Barfüßer mit Biergarten ist in gute Hände gekommen

24. Oktober 2024

Nach langem hin und her, nach langer öffentlicher Diskussion, die nur selten dem Projekt zuträglich war, nach teils einseitiger Pressearbeit, ist endlich das Ziel erreicht. Das Projekt „Barfüßer“ ist auf dem richtigen Weg. Der Finanzausschuss hat gestern mit deutlicher Mehrheit die Vergabe an die Gastronomen Loser/Freudenberg beschlossen.

Weiteres Vorgehen für das ehemalige Barfüßer-Gelände in Neu-Ulm, TOP 7, Sitzung Finanzausschuss am 23.10.2024

Stellungnahme CSU/JU-Fraktion:

“  1. Grundsätzliches

Die CSU-Fraktion bedankt sich bei den beiden Anbietern, dem Kultur-Dach-Verein und den Gastronomen Loser/Freudenberg für die mit viel Herzblut und Aufwand ausgearbeiteten Angebote.

Stadtrat und Verwaltung haben sich etwa seit dem Jahr 2018 mit der Weiterentwicklung des Barfüßer-Geländes beschäftigt. Unsere Fraktion hat in den verschiedenen „Phasen“ seit Beginn, d.h. Planung, Konzept Ebbo Riedmüller, „Interimsbetrieb“ Loser/Freudenberg und in der nun zu Ende gehenden städtischen „Arbeitsgruppen-Phase“ stets eine durchgängige Haltung zur Weiterentwicklung des Geländes vertreten.

Diese Linie haben wir selbstverständlich auch in den verschiedenen Sitzungen des Stadtrats bzw. der Ausschüsse im Laufe der Jahre, aufrechterhalten. Wo wir aber bis heute keine Spielräume sehen, sind folgende Elemente:

Nach Beendigung der aus unserer Sicht durchaus erfolgreichen gastronomischen Zwischennutzung durch die Gastronomen Loser/Freudenberg muss für ein historisches, deutlich sanierungsbedürftiges städtisches Anwesen in exponierter Lage eine dauerhafte Lösung gefunden werden. Gastronomischer Betrieb mit einem Biergarten, gerne mit Kulturangeboten, aber nachhaltig. Der große Sanierungsbedarf muss gestemmt und ein Dauerbetrieb der Gastronomie gewährleistet werden, ohne dabei den städtischen Haushalt zu belasten.

Keinerlei Spielraum sehen wir zudem in der Notwendigkeit eines tragfähigen wirtschaftlichen und organisatorischen Konzepts für den Barfüßer. Die Betreiber bzw. die Bieter müssen das im „Kreuz haben“. Bei aller Wertschätzung für das Ehrenamt können wir es uns nicht vorstellen, dass ein Biergartenbetrieb mit Kulturangeboten schwerpunktmäßig mit Ehrenamtlichen nachhaltig betrieben werden kann. Die Bürgerschaft erwartet eine Gastronomie, die funktioniert.

Der grundstücksbezogene Zugriff der Stadt, d.h. das Eigentum muss bei der Stadt bleiben. Das steht nicht zur Disposition.

Wir sind, was die verschiedenen Optionen für den Barfüßer anbelangt, offen für alle guten Lösungen. „Experimentelle Lösungen“ mit offenem Ausgang, dafür aber mit dem ausschließlichen Risiko bei der Stadt, lehnen wir ab.

  1. Weiterer Umgang mit den Bewerbungen, Beschlussvorschlag Alternative 1: Aufhebung des Interessenbekundungsverfahrens

Das Bewerberfeld wurde in der 2. Stufe des Verfahrens auf zwei Anbieter, die GbR Freudenberg/Loser und den Verein KulturDach Neu-Ulm/Ulm e.V. reduziert.

Wir halten es für unerlässlich, dass das Auswahlverfahren nunmehr zügig mit einer Vergabeentscheidung abgeschlossen wird. Auf der Basis der aktuell vorliegenden Vergabeunterlagen, die nach unserer Ansicht entscheidungsfähig sind, sollte nun auch zügig vergeben werden.

Die eingerichtete Arbeitsgruppe und die Verwaltung haben sich seit Oktober 2023, also ein ganzes Jahr lang, in verschiedenen Sitzungen mit den Angeboten beschäftigt. Den Vorschlag in der Sitzungsvorlage, nun auf einer geänderten „Geschäftsgrundlage“, z.B. Abbruch mit Neubau, Verkauf, Eigeninvestitionen der Stadt als vermeintlich neue Varianten, lehnen wir ab. Die Verwaltung nach einem Jahr „Arbeitsgruppenphase“ nun eines weiteren halben Jahres „ans Werk“ gehen zu lassen, halten wir für keinen gangbaren Weg. Die wirtschaftlichen Zwänge auf Seiten der Anbieter werden die architektonischen Anforderungen auf Seiten der Verwaltung ganz schnell wieder einholen.

Wir sind auch etwas irritiert darüber, dass eine stets an der „Oberkante“ arbeitende Verwaltung jetzt doch das Potenzial zu haben scheint, um ein weiteres halbes Jahr Verwaltungsressourcen zu investieren, um das gesamte Projekt neu aufzusetzen.

Wir haben ein entscheidungsfähiges Angebot und sind keineswegs davon überzeugt, dass mit weiterem erheblichem Verwaltungsaufwand und mit nach allen Seiten offenen Varianten ein besseres Angebot erreicht werden kann.

Wir sind bisher stets davon ausgegangen, dass die Befassung der Arbeitsgruppe und der Verwaltung Bestandteil eines geordneten Vergabeverfahrens ist. Damit spielt für uns der Vertrauensschutz für die Bieter und eine faire Abwicklung des Verfahrens eine große Rolle. Der zu erwartende Vertrauensverlust auf Seiten der lokalen Wirtschaft im allgemeinen wäre im Falle einer Aufhebung groß. Dieser Vertrauensverlust und der Eindruck mangelnder Verlässlichkeit der Stadt im Falle einer Aufhebung ginge deutlich über die beiden Gastronomen Loser/Freudenberg hinaus. Es würde künftig wohl niemand mehr große  Anstrengungen und Aufwand für die Erstellung eines Angebots auf sich nehmen, wenn ein Verfahrensende nach dem Motto „Außer Spesen, nichts gewesen“ zu erwarten ist?

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten muss die Stadt ein verlässlicher Partner der Wirtschaft bleiben. Der Bund hat hier bei seinem „sehr speziellen Umgang mit der Wirtschaft“ schon großen Flurschaden angerichtet. Wir sollten als Stadt alles vermeiden, was weitere Vertrauensschäden bei der Wirtschaft auslöst. Wir müssen jetzt liefern!  Auch der Gebäudezustand beim „Barfüßer“ verträgt keinen Aufschub mehr.

Einige Angaben fehlen im Konzept „KulturDach“, auf die auch die Stadt nicht näher eingegangen ist. Es fehlt der Hinweis, dass in der Finanzierungskonzeption von KulturDach ein finanzielles Engagement der Stadt absehbar ist. Auf daraus resultierende haushaltswirtschaftliche Gesichtspunkte (z.B. Leistungsfähigkeit des Stadthaushalts, mittelfristige Finanzplanung), wird nicht hingewiesen. Wichtige kommunalwirtschaftliche Fragen, wie z.B. die Rolle der Stadt bei der Sanierung des Gebäudes fehlen. Die Stadt als möglicher Sanierer, Bauherr und Verpächter und die daraus resultierenden Folgekosten oder die Frage, ob und inwieweit hier eine etwaige kommunale Aufgabenstellung ein ggf. größeres finanzielles und verwaltungsmäßiges Engagement der Stadt überhaupt rechtfertigt, wurden nicht konkret dargestellt.

Dies ist alles unterblieben, mindestens hat es im bisherigen Vergabeverfahren zu keinerlei Konsequenzen geführt.

Es wäre aus unserer Sicht auch notwendig gewesen, die fortgesetzte Öffentlichkeitsarbeit von KulturDach in eigener Sache aus Fairnessgründen bis zur Vergabeentscheidung zu unterlassen. So ist in der Öffentlichkeit der Eindruck erzeugt worden, es gehe heute um die Entscheidung zwischen zwei vollständig ausgearbeiteten Konzepten. Der Punkt ist aber, dass die einen ein schlüssiges Finanzierungskonzept „auf eigene Rechnung“ vorgelegt haben, die anderen eben nicht.

Den „Mut“, diesen eindeutigen Schwachpunkt in der Öffentlichkeit klar zu benennen, haben wir beim KulturDach nicht erkennen können.

  1. Konzept KulturDach

Die konzeptionellen und organisatorischen Probleme beim Konzept KulturDach sind in der Sitzungsvorlage zutreffend beschrieben.

Das in Nr. 5.1 bis 5.3 beschriebene Finanzierungskonzept stellt darauf ab, dass die finanziellen Lasten aus dem Invest für das Projekt z.B. Komplementärfinanzierung der Städtebauförderung, das pauschale Verweisen auf Spenden/Sponsoring und die Finanzierungslasten aus dem Betrieb einseitig in Richtung Stadt verlagert werden.  Unabsehbare finanzielle Belastungen des Stadthaushalts werden vorprogrammiert. Dieses Konzept entspricht nicht unseren Vorstellungen (siehe 1.).

Die Organisationsform des Gastronomiebetriebs bleibt vage. Wir halten ein zu starkes Abstellen auf ehrenamtliche Kräfte für den allgemeinen Betrieb und die Gaststätte für nicht machbar. Wir sehen den „Biergarten“ hingegen als prioritär an (vgl. Nr. 4.2 des Konzepts) Die Öffnungszeiten der Gastronomie bleiben laut Konzept auch im ungefähren Bereich, sie würden jedenfalls unterhalb dessen liegen, was von einer Gastronomie an diesem Standort erwartet wird.

Die angebotene Erbbaupacht liegt deutlich unter dem der Mitbewerber. Und im vorgelegten Finanzierungskonzept des Vereins ist keine ausgearbeitete Kalkulationen für die Folgejahre ersichtlich.

  1. Konzept Loser/Freudenberg

Das vorgelegte Konzept entspricht einer auf die Privatwirtschaft gestützten, nachhaltigen Finanzierungs- und Organisationsform. Dies haben wir auch so eingefordert. Wir freuen uns insofern über das unternehmerische Engagement der beiden Gastronomen.

Das Konzept macht insgesamt einen fachmännischen Eindruck und deckt alle relevanten Facetten des Nutzungskonzepts ab. Wir befürworten die beschriebene gastronomische und hotelmäßige Nutzung. Loser und Freudenberg haben während der Interimsnutzung bewiesen, dass sie „ihr Gewerbe“ vollkommen beherrschen.

Die in der Sitzungsunterlage angesprochenen städtebaulichen Gesichtspunkte wie Architektur, Kubatur, Fassaden oberirdische Stellplätze, Donauzugang und Grünfläche halten wir für beherrschbar. Die Anbieter haben bei der CSU-Fraktionssitzung durchaus auch eine gewisse Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Bei vernünftiger und sachgerechter Betrachtung der wirtschaftlichen Zwänge eines solchen Vorhabens müsste die sehr einseitige Gewichtung von architektonischen Aspekten in der Sitzungsvorlage eigentlich deutlich relativiert werden. Dass es bei der Gewichtung der „Architektur“ auch anders geht und wie dies aussehen könnte, hat die Verwaltung gestern beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf dem Nachbargrundstück ja schon vorgemacht.

Wir befürworten die Vergabe an Freudenberg/Loser via Erbbaurechtsvertrag. Die Laufzeit des Erbbaurechts sollte wegen der Größe und Tragweite des Projekts von angemessener Dauer, d.h. mindestens 30 Jahre mit Verlängerungsoptionen, sein.

Wir werden der vorgeschlagenen Vergabe an Loser/Freudenberg zustimmen.“

Johannes Stingl

(Foto J. Lidl)